Ausgebrannt sein und politische Arbeit in Gruppen
Die meisten kennen das. Immer wieder kommt es in den verschiedensten Gruppen dazu, dass sich einzelne Personen völlig aufreiben – bis hin zum Rückzug aus der Gruppe. Oft merkt es diese Person gar nicht (selbst/sofort). Spätestens dann ist es für das Umfeld sehr wichtig, das Thema anzusprechen und Hilfe anzubieten. Gründe, um in eine solche Situation zu kommen, gibt es viele und sie finden sich auf verschiedenen Ebenen.
Das „ausgebrannt sein“ oder englisch „Burnout-Syndrom“ (engl. /to burn out/ – ausbrennen) bezeichnet einen besonderen Fall chronischer Erschöpfung. Durch ständige Frustration, das Nichterreichen eines Zieles und zu hohe persönliche Erwartungen an die eigenen Leistungen kann es zu dieser Überlastung kommen. Dabei sind die Symptome vielfältig und können in Bezug auf Auftreten und Ausmaß individuell unterschiedlich sein. Die Symptome können Depressionen sein, aber auch Beschwerden wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magenkrämpfe oder andere körperliche Beschwerden. Typische Symptome sind auch Schuldgefühle, bspw. Selbstvorwürfe. Die ausgebrannte Person erlebt die Umwelt im Allgemeinen als nicht mehr kontrollierbar und zieht sich oft in sich zurück. Hilfe von außen durch Bezugspersonen wird kaum noch oder gar nicht mehr angenommen. Es gibt verschiedene Ebenen, auf denen die Ursache und der Anlass für ein Ausgebrannt-sein basieren. Daher kann auch neben Hilfe von Freund*innen fachliche Hilfe vonnöten sein.
Die Ursachen sollen kurz benannt werden:
Die gruppendynamische Ebene
- (Wissens-)Hierarchien und fehlende Transparenz
- Heterogenität, unterschiedliche Hintergründe und Ambitionen in einer Gruppe mitzumachen – die Suche nach sozialem Kontakt kollidiert mitunter z.B. mit dem politischen Anspruch
- offene Gruppen, die manchmal als zu unverbindlich aufgefasst werden
- Subgruppen, Klüngel und Mobbing
- festgefahrene Rollen in Gruppenstrukturen/Dominanz
- unterschiedliche Energiereserven und Kapazitäten werden zu wenig wahrgenommen/respektiert
- Perfektionszwang
- Die individuelle Ebene
Eine weitere Ebene ist die individuelle Ebene und eigene „persönliche“ Struktur, wodurch es dazu kommt, dass bestimmte Menschen besonders gefährdet sind, sich völlig zu verausgaben. Dazu gehört: - ein hoher eigener Anspruch und hohe Erwartungen an andere
- möglicherweise stellt die Politgruppe auch die leider erfolglose Flucht aus dem Alltag dar
- enttäuschte Suche nach sozialem Netz
- enttäuschte Suche nach Sinn (im Leben)
- Idealismus und Realität sind selten vereinbar
- eigens auferlegter Zwang, Pflichtbewusstsein
- enttäuschte Suche nach Bestätigung
- Helfer*innenkomplex – eigene Traumata verdrängen
Die gesellschaftliche Ebene
Nicht zu vergessen: Wir leben in einer Gesellschaft, die einzig auf individueller Leistung basiert in der die oder der Einzelne nichts kriegt und nichts zählt, wenn sie/er nichts leistet. Dieser Zwang, die unerbittliche Konkurrenz, die diversen Formen der Diskriminierung, welcher mensch sich individuell immer wieder aufs Neue stellen muss, macht eine*n „verrückt“ und „krank“.
Wie geht es besser?
Zu diesen unterschiedlichen Themenfeldern kommen noch die „Probleme“, die das Arbeiten in Gruppen an sich oft erschweren. Meistens loben wir uns selber gegenseitig zu wenig oder eben nur bestimmte Leute bzw. nur bestimmte Arbeiten. Die informelle Arbeit wird oft unterbewertet, häufig gibt es festgefahrene Rollenverteilungen in der Gruppe, aber keine klaren Zuständigkeiten; das Private wird nicht im richtigen Maß zugelassen und persönliche Grenzen werden nicht wahrgenommen. Und auch die Repressionen von verschiedenen Seiten – vor allem staatlicherseits – sind eine Belastung für jede*n einzelne*n, wobei es wichtig ist, diese in der Gruppe zu bearbeiten.
Lösungsansätze könnten sein, die internen Strukturen und die momentanen Ziele zu klären, Sensibilität anderen und uns selbst gegenüber zu entwickeln und vor allem Hierarchien immer wieder kritisch zu hinterfragen. Es ist immer wieder sinnvoll nachzuvollziehen, was denn gerade in einer Gruppe nicht so toll läuft, vor allem, wenn sich die Gruppe mal wieder stresst und kein Mensch weiß bzw. sagt, woran es liegt. Für die Veränderung der Gesellschaft brauchen wir einen langen Atem. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass unsere Gruppen und Strukturen uns aufbauen oder – noch besser – gut tun.