14. Bezugsgruppen in großen Aktionszusammenhängen

BEISPIEL DEMO

Deine/Eure Bezugsgruppe hat sich vorgenommen zur nächsten Demo zu gehen:

Vor der Demo
Natürlich seid ihr gut vorbereitet. Ihr seid alle ausgeschlafen und habt auch noch mal besprochen, wie es euch so geht und was ihr heute auf der Demo machen wollt; das kann von mitlaufen bis Hindernisse umfließen alles sein. Einige von euch waren auf dem Vorbereitungstreffen der Demo und haben die anderen informiert; ihr habt euch zwar nicht in die Organisation der Demo eingebracht, aber geschaut, wie ihr euch als Bezugsgruppe sonst einbringen könnt. Ihr habt vorher diskutiert, ob eure Gruppe eine bestimmte Aufgabe übernimmt, wie den Lautischutz (→ Glossar), oder in den ersten Reihen mitlaufen will. Ihr habt euch nicht so richtig gemeinsam entscheiden können und deswegen nichts zugesagt.

Nach dem Treffen habt ihr euch vielleicht zusammengetan und entschlossen, ein Transpi zu malen. Ihr habt euch vor der Demo verabredet und seid gemeinsam zum Treffpunkt gegangen. Eure Verabredungen trefft ihr möglichst persönlich. Ihr habt, aus welchen Gründen auch immer, beschlossen die Vorkontrollen zu vermeiden und wartet den Start der Demo in einer Seitenstraße oder im Café ab, um nach Beginn dazuzustoßen.

Während der Demo
Oder ihr seid zur Auftaktkundgebung gekommen, habt Freund*innen getroffen und ein wenig den Redebeiträgen gelauscht. Die Demo soll jetzt langsam losgehen. In eurer Bezugsgruppe habt ihr euch schon mal die Gegend angeschaut und überlegt, wo ihr in der Demo gerne mitlaufen wollt. Je nach Demo und eurer Stimmung lauft Ihr locker mit, guckt, welche Leute noch so in eurer Nähe sind. Vielleicht kennt ihr ja auch noch eine andere Bezugsgruppe, mit der ihr zusammen eine Reihe bildet.

Ihr haltet euer Transpi an Stangen hoch oder lauft an der Seite. Ihr habt euch auch überlegt was ihr tut, falls es zu Rangeleien kommt oder sie sich andeuten, so dass ihr euer Transpi neben der tollen Botschaft, die ihr damit vermittelt, entweder als Schutz einsetzen oder es schnell zusammenrollen und Ketten bilden könnt.

Achten auf Andere
Auch ist es nett, wenn eure Bezugsgruppe auf Menschen achtet, die allein unterwegs sind, besonders, wenn es dann doch etwas ungemütlicher auf der Demo wird. Ihr könnt auch überlegen, ob ihr den Menschen, die wieder mal mit Bierflaschen auf der Demo rumlaufen, sagt, dass ihr das gar nicht cool findet und dass sie damit sich selbst und andere gefährden. Das Gleiche, wenn wieder mal einige Leute sexistische Sprüche klopfen oder mackeriges Verhalten an den Tag legen. Eure Bezugsgruppe kann hier eingreifen. Überlegt euch vorher am besten wie.

Ihr wisst als Bezugsgruppe ungefähr wie weit ihr gehen wollt und überprüft die Absprache wenn nötig. Ihr besprecht den Zeitpunkt, wann Ihr gehen wollt oder mit nach vorne stürmt. Wenn es ungemütlich wird, die Bullen Leute rausgreifen wollen oder euch nicht durchlassen wollen, bildet ihr Ketten und fordert andere auch dazu auf. Das gibt euch Sicherheit und die Demo ist geschlossener. Wenn ihr Uniformierte oder Zivis innerhalb der Demo seht und sie nicht direkt ansprechen wollt, um sie der Demo zu verweisen, wendet ihr euch an den Lauti.

Bullen haben in der Demo nichts verloren. Sie gehen in unsere Demo rein, um uns einzuschüchtern. Sprecht sie an und fordert sie auf, die Demo zu verlassen. Guckt euch um, dass keine Leute überrannt werden und falls die Bullen versuchen, eine*n festzunehmen, überlegt, ob ihr da hingeht, rumsteht oder eingreift. Eine entschlossene Gruppe kann eine ganze Menge erreichen, auch wenn es keine Garantie dafür gibt. Genauso wenig gibt es eine Garantie dafür, keine Prügel von den Bullen abzubekommen oder nicht festgenommen zu werden, ganz egal wo ihr euch aufhaltet.

Ruhe bewahren
Da Panik bei Aktionen der Bullen weit verbreitet ist, kann es helfen, wenn eine Bezugsgruppe ruhig und überlegt handelt. Wenn ihr Ruhe verbreitet, nicht auch in Panik geratet und hektisch wegrennt (Wegrennen ist trotzdem manchmal nötig, keine Frage!) kann das auch andere Menschen um euch herum beeinflussen und die Demo doch noch zum Ziel bringen. … Das könnt ihr ausprobieren, schließlich habt ihr den Vorteil mit Menschen unterwegs zu sein, die ihr kennt und mit denen ihr euch vorher abgesprochen habt.

Spitzel
Einige Anmerkungen, die wir erhielten, bezogen sich darauf, dass auf Aktionen auch immer Spitzel unterwegs sind. Das ist sicherlich so und soll nicht hinten runterfallen, aber euch auch nicht total hemmen etwas zu unternehmen. Bezugsgruppen sollten zusammenwachsen und wenn ihr euch besser kennt, etwas über den Alltag der anderen mitbekommt und Vertrauen zueinander habt, solltet ihr euch sowieso noch mal Gedanken machen, mit wem ihr welche Aktion macht.
Wenn ihr euch ausführlich mit dem Thema beschäftigen wollt: Mohr/Viehmann: Spitzel, 2004, Assoziation A oder guckt mal im Infoladen (Glossar).
Wer steht da eigentlich neben mir…?

Verdeckte*r Ermittler*in, Kripo in Zivil, V-Leute… Sie tragen nicht immer den langen Trenchcoat oder eine Sonnenbrille. Von bieder bis sportlich, von autonom bis Punk ist ihr Repertoire unserem Outfit angepasst. D.h. bevor ich mich mit Freund*innen oder meiner Gruppe bespreche, schaue ich mich mal um, wer da noch so rumsteht und große Ohren bekommt. Aber vergesst dabei nicht, dass auch Menschen dabei sind, die neu sind, weniger Informationen haben oder sich unsicher sind. Nicht alle, die unmotiviert in der Gegend herumstehen, gehören zum Staatsschutz!

Nach Aktionen …
… haben die meisten Menschen das Bedürfnis über ihre Erlebnisse zu sprechen, entweder weil sie einen besonders fiesen Polizeieinsatz erlebt haben (siehe auch Traumatisierung) oder weil die Aktion so wunderbar und pfiffig gelaufen ist. Hinterher geht es niemanden mehr etwas an, wer geplant hat oder dabei war. D.h. nicht, dass ihr nicht drüber reden sollt, sondern genau darauf achtet, mit wem ihr wo über was redet, wo ihr was postet. Geht bewusst mit eurem Bildmaterial um.

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