Eigentlich wissen es alle: Moderne Handys sind mobile Abhöreinrichtungen mit Standortbestimmung und im Falle von nicht abgeklebter Kamera sogar mit Überwachungskamera. Trotzdem sieht mensch auf Demos und Aktionen massenhaft Handys. Dabei will doch niemand Strukturen oder Menschen gefährden, Datenschutz finden die meisten irre wichtig und dass Totalüberwachung in einer Gesellschaft extrem gefährlich ist, wissen auch alle. Trotzdem geben viele freiwillig ihre Daten ab, einfach weil die digitale Welt so praktisch ist. Über Twitter gibt es einen Live-Ticker, der zur jeweiligen Aktion die relevanten Informationen liefert. Die Orientierung auf dem Land und mit öffentlichen Verkehrsmitteln in der Stadt ist jederzeit möglich. Beweisfotos von Polizeigewalt sind mit dem Handy leicht gemacht. Jede*r kann Öffentlichkeit herstellen. Das Internet liefert zu jeder Zeit Antworten und wenn die Bezugsgruppe verlorengeht, telefonieren wir uns einfach wieder zusammen. Die Digitalisierung verändert die Gesellschaft und natürlich auch den Charakter von politischem Handeln. Datenveganer*innen, die auf die digitale Komfortzone bewusst verzichten, sind die modernen Kassandras.4 In dieser widersprüchlichen Situation wollen wir wenigstens einige Grundregeln vorschlagen, die für strafrechtlich nicht relevante Aktionen die absolut notwendigsten Verhaltensregeln sein sollten, aber für Aktionen, die strafrechtlich relevant sind, bei weitem nicht ausreichen (dafür z.B. Broschüre: Tipps und Tricks für Antifa).
- Verwendet ein separates Aktionshandy, welches nicht euer Privatleben abbildet. Holt am besten ein gebrauchtes Gerät. Vielleicht genügt ja auch ein nicht internetfähiges Handy?
- Besorgt euch eine vorangemeldete SIM Karte. Kleine Telefonläden machen das manchmal. Seit der Verabschiedung des Antiterrorgesetzes können SIM-Karten bei den großen Anbietern nur noch gegen Vorlage des Personalausweises erworben werden. Also kümmert euch rechtzeitig darum. In kleinen Telefonläden die gebrauchte Handys und auch SIM-Karten verkaufen, wurde Erfolg vermeldet.
- Verschlüsselt das Aktionshandy. Es ist ganz einfach (sucht mal bei Einstellungen > Sicherheit > Telefon verschlüsseln). Schaltet das Handy während Aktionen ab, wenn ihr es nicht braucht.
- Verwendet Openstreetmap statt Google Maps. Ladet im Vorfeld Karten herunter, so dass ihr im Zweifelsfall unabhängig von einer Internetverbindung seid. Verzichtet so weit wie möglich auf Google-Dienste. Sie sind verführerisch einfach und niemals kostenlos. Ihr bezahlt immer mit euren Daten.
- Sprecht euch nicht mit Klarnamen über das Telefon an, sondern vereinbart einen Codenamen. Speichert die Nummern eurer Homies, die ihr meint, unbedingt auf der Aktion zu brauchen, ebenfalls mit einem Pseudonym ab. Fragt die Homies vorher, ob ihr die Nummer mitnehmen dürft. Sinnvollerweise ist es die Nummer eines anderen Aktionshandys.
- Schaltet die Standortbestimmung über GPS aus. Denkt aber daran, dass sich die Handys trotzdem in Funkzellen einwählen. Über IMSI-Catcher können die Bullen den Standort von Telefonen bestimmen. Euer Telekommunikationsanbieter speichert die Daten des Handys. Moderne Handys sind selbst dann zu orten, wenn die SIM Karte entfernt ist und auch sonst keine Dienste laufen.
- Klebt Handykameras ab. Wenn ihr die die Fotofunktion benutzt, dann gezielt und sorgsam, → siehe 18. …irgendwas mit Medien, und nicht für private Erinnerungsfotos.
- Verlasst euch nicht auf das Handy. Es kann auch mal der Akku alle sein. Bei Massenaktionen sind schnell die Handynetze überlastet oder Funkzellen können auch abgeschaltet werden, so dass das Gerät nutzlos wird. Auf flachem Land gibt es manchmal keine oder nur schlechte Netzanbindung.
- Auch eine sorgfältig abgeschottete SIM-Karte lässt mit zunehmender Benutzung Rückschlüsse auf Personen und Strukturen zu – durch die Informationen, die verknüpft werden. Handys wählen sich in Funkzellen ein und sind dadurch jederzeit den Aktionen zuzuordnen. Also öfters mal wechseln (oder Telefontauschbörsen einrichten 🙂
- Im Zweifelsfall Handy und SIM-Karte trennen und beides entsorgen.